Verändertes Kommunikationsverhalten

Die Deutschen Telefonieren weniger. Zumindest über das gute alte Festnetz. Das stellte der BITKOM anhand von Umfragen und den Daten der Bundesnetzagentur fest. Es scheint so, dass die Sprachtelefonie im Jahre 2010 ihren Höhepunkt mit 295 Milliarden Minuten erreicht hat. Seither sind die Telefonate um insgesamt 5% zurückgegangen. Und zwar ausschließlich zu Lasten der Festnetztelefonie. Hier sind die Gesprächsminuten sogar um 12% gesunken.

Klar, fallende Preise im Mobilfunk, Flatrates in alle Netze, warum sollte man zuhause überhaupt noch über Festnetz telefonieren, wenn man überall mobilen Empfang in der Wohnung hat. Viele gesprächige Leute nutzen mittlerweile auch Videochats. 17 Mio. Deutsche nutzten diese Möglichkeit im vergangenen Jahr.

FeTap.

Es wird weniger gesprochen, dafür mehr geschrieben: Messaging Dienste und Chats, SMS ersetzen heute bei vielen Deutschen den gesprochenen Dialog. Ist meine Generation, d.h. die Baby-Boomer, Kinder der 70-ziger und 80-ziger, die Generation, die einfach endlos telefoniert hat?  Mein Vater jedenfalls, der erst mit weit über 20 das erste Telefon im Haus hatte, war auch ein Wenigtelefonierer. Er hat das Telefon nie, auch heute nicht, als Mittel zur Plauderei gesehen. Dabei ist er durchaus redselig. Im Gespräch Face-to-Face. Am Telefon wird jedenfalls nur das Nötigste geredet. Angerufen wird nur, wenn etwas Wichtiges ist oder schnell geklärt werden muss. Genau: SCHNELL! Ich glaube, es gab kein einziges Telefonat mit meinem Vater, das länger als anderthalb Minuten war. Im Schnitt eher weniger. Endlose Telefonate mit meinen Freundinnen konnte er nicht verstehen. „Was erzählt ihr euch bloß die ganze Zeit, ihr habt euch doch gerade gesehen…?!“. Ja, was?! Alles, auch mehrmals! Und heute? Meine Söhne? Besetzte Telefonleitungen gehören jedenfalls der Vergangenheit an. Auch hier dauern Telefonate kaum länger als eine Minute. Und nicht nur mit den Eltern. Hier wird dann allerdings auf Chats zurückgegriffen, weil’s günstiger ist, man sich in Gruppen verabreden kann, weil man länger überlegen kann, bis man antwortet, weil man sich mehr traut zu sagen, weil es unverbindlicher bleibt? Oder ist es doch geschlechtspezifisch? Vielleicht sollte ich mal eine Anfrage per WhatsApp starten. Da kriegt man wenigstens richtige Antworten.

Laut BITKOM findet auch innerhalb des Festnetzes ein Wandel statt: Die Nutzung klassischer Telefonnetze und Schmalbandnetze wie analoge Anschlüsse oder ISDN nimmt ab. Immer mehr Verbraucher telefonieren über DSL-Anschlüsse, Kabelnetze oder  IP-basierte Dienste. Der Grund  hierfür ist wohl die Entscheidung der Telekom, auf All-IP-Netze umzustellen. Hier werden alle Inhalte, auch die Sprache,  in IP-Paketen übertragen. Das ist effizienter und kostengünstiger.

Das Kommunikationsverhalten der Deutschen ist jedenfalls eine Herausforderung für diejenigen, die uns die Telekommunikation erst ermöglichen. „Die Netzbetreiber stehen vor einer Mammutaufgabe“, sagt BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. „Die Umsätze geraten unter Druck, gleichzeitig stehen sie in einem scharfen Preiswettbewerb, sind ständig neuen Regulierungseingriffen ausgesetzt und müssen nun zweistellige Milliardeninvestitionen in den Breitbandausbau stemmen.“

Da hilft nur eins: Wir müssen reden!